Foto-Berichterstattung beim Tode Churchills

 

Am 5.Februar 1965 konnten 35 Millionen Amerikaner ( zu jener Zeit hatte Life eine Auflage von ungefähr 7 Millionen Exemplaren) zweiundzwanzigeinhalb Seiten, davon zwanzig in Farbe betrachten. Für diesen Bericht brauchte man siebzehn Photographen und über vierzig Journalisten und Techniker, ein Dutzend Motorradfahrer, zwei Hubschrauber und ein Flugzeug.

Bereits zwei Jahre zuvor hatte ein Dokumentalist eine streng vertrauliche Liste mit allem, was beim Tode Churchills geschehen würde, aufgestellt: Art der Feierlichkeiten, Ort der Feierlichkeiten, Verlauf des Trauerzugs, Begräbnisstelle und Tag des Begräbnisses, der mit 90prozentiger Wahrscheinlichkeit ein Samstag sein würde.

Man stellte eine Liste der Wohnungen auf, von deren Fenstern die Photographen in Ruhe arbeiten konnten, und sobald Churchill krank wurde, wurden sie gemietet. Normalerweise war bei Life, das montags erschien, am Mittwochabend Redaktionsschluß. Doch diesmal richtete man es so ein, dass man mit dem Druck der Nummer bis zum Samstag wartete. Die Auslieferung sollte diesmal ausnahmsweise auf dem Luftweg, und nicht wie üblich, auf dem Landweg erfolgen.

Dem alten Krieger blieb nichts anderes übrig als zu sterben. Wie vorhergesehen findet die Beerdigung an einem Samstag statt. Jeder Photograph ist auf seinem Posten. Die belichteten Filme werden an fünf Stellen eingesammelt: Westminster Hall, Saint-Paul, Trafalgar Square, Landungsbrücke an der Themse und Bladon, wo die Beerdigung stattfinden wird.

Seit zwei Wochen sind die Fensterplätze von drei kleinen Häusern, die direkt am Friedhof liegen, gemietet, und 48 Stunden, bevor bekanntgegeben wird, dass dort nicht photographiert werden darf, warten dort bereits drei Photographen. (Life veröffentlicht ihre Photos nicht.) Motorradfahrer bringen die belichteten Filme zum Flughafen, wo ein gechartertes Flugzeug wartet. Im Inneren hat man es in ein Redaktionszimmer mit Tischen und Schreibmaschinen verwandelt.

Ein Labor ist im vorderen Teil des Flugzeuges installiert worden, und ein spezielles Stromnetz steht dafür zur Verfügung. Auch ein großer Tisch ist vorhanden, damit die Photos für das Layout ausgelegt werden können, außerdem Lichttische zur besseren Beurteilung der Farbphotos. Eine kleine Bibliothek mit den zehn Bänden der Werke Churchills steht den Journalisten zur Verfügung. Das Flugzeug war am Vorabend in New York gestartet.

An Bord befanden sich vierzig Redaktionsmitglieder und unter ihnen sechs Spezialisten, die die siebzig Farbfilme entwickeln werden. Das Flugzeug braucht etwas mehr als neun Stunden, um die 8500 Kilometer zwischen London und Chicago zurückzulegen, wo sich die Druckerei von Life befindet.

Die Wahl der Dokumente, die Einrichtung der Seiten und die ausführlichen Texte, die sie begleiten sollen, werden während des Flugs vorbereitet. Um verzögernden Winden auszuweichen, steuert das Flugzeug nördliche Richtung an und fliegt direkt unter dem Polarkreis. Eine Seite nach der anderen wird umbrochen, und als der Michigan-See auftaucht, an dessen Ufer Chicago liegt, ist die Arbeit beendet.

Die Kosten dieser Reportage belaufen sich auf 250000 Dollar.